Ich habe mir vorgenommen, aus dem Beamtenverhältnis auszusteigen und freiberuflich/selbständig/in einem kleinen „Jetzt“ zu arbeiten. Ich bin vor zwei Wochen 56 geworden. Ich habe meine Pläne auf meiner Arbeitsstelle bereits mitgeteilt.
Mir geht es nicht ums „Aussteigen“ aus einem System, das ich nicht mehr ertragen möchte. Mir geht es vielmehr ums Einbringen meiner ganzen Kraft in die für mich wichtigsten Themen und Herausforderungen unserer Zeit.
Klimawandel: Wir können jetzt schon viel mehr tun, anstatt weiter zuzuschauen. Nicht mehr zuschauen heißt tatsächlich drastisch etwas ändern.
Globales Wirtschaftssystem: Ich kann es einfach nicht mehr ertragen, wie rein mit Geld Geld gemacht wird, auf Kosten fast der gesamten Menschen, der Tiere und Pflanzen, aller Ressourcen auf diesem Planeten. Das muss auch anders gehen.
Welle des Artensterbens: Macht mir Angst und ich schäme mich. Wer lebt mit mir ein Leben in einer Gemeinschaft Gleichwertiger? Gleichwertiger Lebewesen auf dieser Erde? Weit weg von „Man First“. Und überhaupt nicht naiv, sondern mit neuen Möglichkeiten und Techniken, besonders auch in der Landwirtschaft.
Was mich zu den Frauen bringt: Ich sehe all das Potenzial in einer echten Gleichwertigkeit von Frauen und Männern, weltweit. Und nicht nur Potenzial. Ich will sie einfach leben, diese Gelichwertigkeit.
Thoughtware (= einprogrammiertes Denken): Höchste Zeit zu einer nächsten Kultur zu kommen, die die eingeübten Grenzen unseres Denkens herausfordert, ins Wanken bringt, erweitert, neu entwickelt.
(Reicht das? Einmal Weltretten komplett, bitte. Und Kathrin Alice voll mit dabei?)
Ich habe meine Pläne also mitgeteilt, auf meiner Arbeit, meinen Freunden, meiner Mutter, bisher noch nicht im Internet.
Ja, und dann ist gleich viel passiert. Ich wurde ernst genommen. Meine Freunde und mein Partner Helmut unterstützen mich. Sie hören mir zu. Sie tragen Ideen zusammen (wovon und wie ich zukünftig leben könnte, z.B.). Sie schicken mir Anzeigen für eine billigere Wohnung. Sie ertragen meine Wellen von Zweifel an mir selbst und an meinen Fähigkeiten, auf Dauer und vor allem im Alter für mich zu sorgen. Sie hören so lange zu, bis ich wieder weiter gehen kann.
Meine Mutter nimmt mich auch ernst. Erstens denkt sie wahrscheinlich, ich bin ernsthaft verrückt. Außerdem lässt sie das Ganze so nah an sich herankommen, dass sie grübelt und schlecht schläft und dafür an manchen Tagen auch mir die Verantwortung für ihre Sorgen geben will. Diese Verantwortung nehme ich nicht an. Sie schläft weiterhin schlecht.
Meine Arbeitskollegen: Ihre Form von Ernstnehmen ist darin gemündet, dass sie es anscheinend begrüßen, wenn mein Ausstieg so schnell wie nur irgend möglich ginge, also eigentlich noch schneller. (Das ist natürlich eine Geschichte. Mein Beweis: unser Verhältnis hat sich verschlechtert. Wir reden noch weniger über die wirklich wichtigen Dinge.)
Und ich rieche ihre Angst vor Veränderungen. Was passiert, wenn ich weg bin? Ich bin Ihre Vorgesetzte. Eine z.T. ungeliebte Vorgesetzte. Und sie sind ja auch an mich gewöhnt. Bald wird also eine neue Person kommen, die das Walderlebniszentrum leitet.
Ich wurde und werde also ernst genommen. Seitdem geht mein Umstiegsprozess erst mal langsamer. Zunächst hat mich das erschreckt.